Teil 4: Co-BACK-abana

16. April 2014

 

Für Ralf

 

Einmal am Tag duftet es in unserer Wohnung nach frischem Brot. Vier Jahre habe ich gezögert, bevor ich mir meine Britânica Brotmaschine kaufte, neu für umgerechnet 90 Euro - ein Spottpreis! Ein weiteres halbes Jahr scheiterten alle meine Backversuche mit der Maschine: Ich produzierte nur merkwürdige Fladen und Teigklumpen. Inzwischen gelingen mir richtig schöne Brote. Meine Freunde reißen sich darum, wenn einmal etwas übrig bleibt.

 

Brotbacken erdet Dich. Brot macht süchtig. Diese beiden Sätze meines Freundes Felix (das Felice, eines der besten Restaurants in Rio, ist seines) stimmen wirklich. Und hier in Rio, wo es nur an ausgesuchten Orten richtiges Brot zu kaufen gibt, gelten Felix’ Feststellungen doppelt. In Brasilien ist der Stellenwert von Brot zwar am Wachsen, im Vergleich zu Deutschland ist der Verzehr aber noch eher gering. In Brasilien wird mittags und abends warm gegessen.

 

In Deutschland habe ich immer gern und viel Brot gegessen. Trotzdem brauchte ich vier Jahre um zu erkennen, wie wichtig dieses Lebensmittel für mich ist. Mein Körper ist seit Jahrzehnten genau auf diese Kohlenhydratpakete geeicht und ich bilde mir ein, dass mich eigentlich nichts anderes so komfortabel satt macht und mich befriedigt wie leckeres, frisches Brot.

 

Die Brotsüchtigen unter den deutschen WM-Touristen sollten sich deshalb vorsichtshalber Brot aus der Heimat in den Koffer packen - am besten der Sorte "Weltmeister". Oder sie stellen sich in Brasilien auf Low-Carb um: leckeres Fleisch und frischen Fisch bekommt man überall. Das brasilianische Brot dagegen ist weich, noch weicher als Toastbrot und viel zu süß. Die Brötchen heißen Pão Frânces und sind ziemlich luftig.

 

Vielleicht liegt die neu entdeckte Lust am Backen auch in meinen Genen. Mein Opa mütterlicherseits, den ich leider nie kennen lernte, weil er sehr früh starb, brachte nach dem Krieg eine alte Bäckerei wieder zum Laufen. Sein Sohn (mein Onkel) und viel später mein Cousin Ralf erlernten das Konditorhandwerk (hat mit Brotbacken natürlich nur den Prozess des Backens gemein). In Bad Nenndorf führten sie viele Jahrzehnte eine renommierte Konditorei mit Café.

 

Mein Cousin Ralf ist vor vier Tagen vollkommen überraschend gestorben. Er war in meinem Alter und ich bin sehr traurig, dass wir wenig Kontakt hatten und dass es jetzt zu spät ist, mich mit ihm einmal wieder zu treffen. Als Kind bin ich ihm fasziniert durch die immer köstlich duftende Konditorei gefolgt...Ich weiß aber, dass er meine Blogs und Bilder aus Brasilien mochte. Wie hätte es ihm in Rio gefallen, wenn er mich einmal besucht hätte?

 

Die Zeit ist für uns alle begrenzt und das Kontakthalten mit meiner Familie und meinen deutschen Freunden über den Atlantik hinweg ist nicht immer einfach. Das ist der Preis für meinen Auslandsdienst, der mir so viel Spaß macht und mir so viele neue Perspektiven gibt. Mein Blog ist auch ein Versuch, die Leitung zu meinen Leuten aufrecht zu erhalten.

 

Die Brotbackmaschine produziert derweil nicht nur Düfte, sondern auch Erinnerungen und Wohlbefinden. Brotbacken erdet mich – in unserer Wohnung an der Co-BACK-abana.

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Kommentare: 1
  • #1

    Hans-Tobi (Donnerstag, 17 April 2014 08:30)

    Schön. Das bekommt man Appetit und zu dem Lust auf eine Brotbackmaschine - obwohl - unser Bäcker kann es! :)